Als Bernhard kl. Sandermann 1871 in Osterfeine, Südoldenburg das Licht der Welt erblickte, deutete zunächst nichts darauf hin, dass er einmal die nun hundertjährige Geschichte der Mühle der Familie große Austing einleiten würde. Seine Eltern waren nämlich Heuerleute und dementsprechend wurde Bernhard Landarbeiter, kam so als junger Knecht nach Oldorf und arbeitete auf dem Hof H. Robke. Da zu dem Hof eine außerhalb Oldorfs gelegene Windmühle gehörte, konnte der als strebsam und zuverlässig beschriebene Bernhard durch seine praktische Arbeit dort einige Fähigkeiten eines Müllers erlernen.
Aber die eigentlich entscheidende Wendung nahm die Geschichte durch die Entwicklung in Verbindung mit dem Nachbarhof gr. Austing Oldorf. Dort lebte Maria Agnes gr. Austing als alleinstehende Witwe, nachdem ihr Mann Ferdinand im Jahre 1891 verstorben war. Auch ihre einzige Tochter Wilhelmine war bereits im Alter von fünf Jahren verstorben. Der Hof der Witwe gr. Austing war wirtschaftlich in keinem guten Zustand.
Nun kam zu einer Verbindung zwischen dem Knecht Bernhard kl. Sandermann und der Witwe Maria Agnes gr. Austing, die zur Heirat der beiden im Jahre 1894 führte.
Sicher spielte die Aussicht, den Landarbeiterstatus verlassen zu können und gleichsam sein eigener Herr auf einem Hof zu werden, eine gewichtige Rolle, als der dreiundzwanzigjährige Bernhard kl. Sandermann am 16. Juli 1894 auf den Hof der Witwe Agnes Maria gr. Austing einheiratete. Immerhin war seine Frau doppelt so alt wie er.
Aus dem besitzlosen Knecht Bernhard kl. Sandermann war so der Hofbesitzer Bernhard gr. Austing geworden. Denn Bernhard nahm mit der Heirat den Familiennamen große Austing an.
Das altersmäßig so ungleiche Paar – hieß es – verstand sich wie, „ein Herz und eine Seele“. Nur wirtschaftlich ging es noch nicht recht bergauf und auch der Bau der Windmühle sollte erst siebzehn Jahre später erfolgen.
Sie planten, arbeiteten, lebten in guter Gemeinschaft, bis Agnes Maria an einer Lungenentzündung fünf Jahre später (1899) plötzlich starb.
Im Jahre 1900 heiratete Bernhard seine zweite Frau, Maria gr. Austing, geb. Kuhlmann, eine fünf Jahre jüngere Bauerntochter aus dem Nachbardorf Dümmerlohausen. Mit Maria hatte Bernhard acht Kinder, sechs Jungen und zwei Mädchen.
Bernhard hatte weitere Pläne, um sich und seine junge Familie in eine bessere wirtschaftliche Situation zu bringen: Er wollte nun eine Windmühle auf seinem Hof bauen.
Bernhard gr. Austing hatte auf dem Hof Robke, auf dem er zuvor als Knecht gearbeitet hatte, bereits praktische Kenntnisse erworben, wie eine Windmühle zu betreiben war.
Auf seinem eigenen austingschen Hof schaffte er sich nun zunächst ein kleines benzinmotorgetriebenes Mahlwerk an, mit dem er im alten Viehhaus, unabhängig von Wind und Wasser, sein eigenes Getreide mahlen konnte, das dann zumeist als Viehfutter verwendet wurde. Aber dann sollte es doch eine richtige Windmühle sein.
Die neue richtige Windmühle war dann eigentlich eine alte. Denn 1910 erwarb Bernhard gr. Austing die Windmühle, die Bauer Wernke in Holdorf zum Verkauf angeboten hatte.
Die Mühle wurde in ihre Einzelteile zerlegt, mit Pferd und Wagen nach Oldorf transportiert und auf dem östlichen Teil des Hofes neu errichtet, wobei die Gebrüder Grimme aus Dümmerlohausen gute Maurerdienste leisteten.
Im Jahre 1911, also vor über 100 Jahren wurde die Windmühle in Betrieb genommen. Zunächst übernahm Bernhard gr. Austing die Mahldienste überwiegend für die Nachbarschaft und Verwandtschaft.
Er selbst baute bereits 1913 einen großen Maststall, der für 120 Schweine ausgelegt war, die er ebenfalls nur mit seinem selbst gemahlenen Getreide fütterte.
Der Hof und die Mühle nahmen eine ständige Aufwärtsentwicklung, wobei Bernhard gr. Austing seinen Schwerpunkt auf das Mahlen von Getreide nicht zu Mehl, sondern zu Futter legte.
Bald drehten sich die Flügel der Mühle eher selten, sondern Elektrizität wurde als Energiequelle genutzt.